Überlingen (im Bodenseealemannischen Dialekt Iberlinge) ist eine Stadt am nördlichen Bodenseeufer. Sie ist nach der Kreisstadt Friedrichshafen die zweitgrößte Stadt im Bodenseekreis und ein Mittelzentrum für die umliegenden Gemeinden. Die frühere Reichsstadt war von 1939 bis 1972 Kreisstadt des damaligen Landkreises Überlingen. Seit dem 1. Januar 1993 ist Überlingen eine Große Kreisstadt.
Geografie
Geografische Lage
Überlingen liegt am Überlinger See, einem Teil des Bodensees. Das Hinterland ist eine hügelige Moränenlandschaft, die durch die letzte Eiszeit geformt wurde.
Nachbargemeinden
Folgende Städte und Gemeinden grenzen an die Stadt Überlingen. Sie werden im Uhrzeigersinn beginnend im Westen genannt und gehören mit Ausnahme von Bodman-Ludwigshafen und Stockach, die zum Landkreis Konstanz gehören, zum Bodenseekreis: Sipplingen, Bodman-Ludwigshafen, Stockach, Owingen, Frickingen, Salem und Uhldingen-Mühlhofen.
Mit den Nachbargemeinden Owingen und Sipplingen hat die Stadt eine Verwaltungsgemeinschaft vereinbart.
Stadtgliederung
Das Gemeindegebiet Überlingens besteht aus der Kernstadt und den im Rahmen der Gemeindereform der 1970er-Jahre eingegliederten, ehemals selbstständigen Gemeinden Bambergen, Bonndorf, Deisendorf, Hödingen, Lippertsreute, Nesselwangen und Nußdorf. Die eingegliederten Orte sind heute zugleich Ortschaften im Sinne der baden-württembergischen Gemeindeordnung, das heißt, sie haben jeweils einen bei jeder Kommunalwahl neu zu wählenden Ortschaftsrat mit einem Ortsvorsteher als Vorsitzenden, der in jeder Ortschaft auch die Verwaltung leitet.
Zu fast allen Stadtteilen und zur Kernstadt gehören noch weitere, räumlich getrennte Wohnplätze mit eigenen Namen, die oft wenige Einwohner haben, oder Wohngebiete mit eigenen Namen, deren Bezeichnung sich im Laufe der Bebauung ergeben hat und deren Grenzen meist nicht genau festgelegt sind. Teilweise handelt es sich um ehemals selbstständige Gemeinden oder Gemeindeteile, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eingemeindet oder mit anderen Gemeinden zusammengeschlossen wurden. Im Einzelnen sind zu nennen:
- in der Kernstadt: Altbirnau, Andelshofen, Aufkirch, Brachenreute, Brünnensbach, Goldbach, Höllwangen, Hohenlinden, Kogenbach, Rengoldshausen, Restlehof, Reutehöfe, Weiherhöfe
- zu Bambergen: Forsthaus Hohrain, Heffhäusle, Neuhof, Ottomühle, Reuthemühle, Schönbuch
- zu Bonndorf: Buohof, Eggenweiler, Fuchsloch, Haldenhof, Helchenhof, Kaienhof, Negelhof, Talmühle, Walpertsweiler
- zu Deisendorf: Hasenweide, Katharinenhof, Klammerhölzle, Königshof, Nonnenhölzle, Scheinbuch, Wilmershof
- zu Hödingen: Länglehof, Spetzgart
- zu Lippertsreute: Bruckfelder Mühle, Ernatsreute, Hagenweiler, Hebsack, Hippmannsfelderhof, In der hohen Eich, Neues Haus, Oberhof, Schellenberg, Steinhöfe, Wackenhausen
- zu Nesselwangen: Alte Wette, Fischerhaus, Hinterberghof, Katzenhäusle, Ludwigshof, Mühlberghof, Reutehof, Sattlerhäusle, Vorderberghof, Weilerhof
- zu Nußdorf: Untermaurach
Geschichte
Antike und Mittelalter
Überlingen wurde erstmals 770 oder 773 als Iburinga villa publica in einer Schenkungsurkunde des Grafen Robert an das Kloster St. Gallen erwähnt. In den in der ersten Hälfte entstandenen Viten des Hl. Gallus ist jedoch schon für das frühe 7. Jahrhundert ein alemannischer Herzog namens Gunzo mit Sitz in Überlingen belegt. Der Legende nach soll er in einem Haus in der Oberstadt (Dorf) residiert haben, das deshalb den Namen Gunzoburg trägt. Tatsächlich ist es eher unwahrscheinlich, dass hier eine alemannische Befestigung oder Burg stand, da in der Überlieferung kein fester Aufenthaltsort von Gallus genannt wird. Der nicht bewiesene Herrschaftssitz Gunzos könnte sich aber auch zum späteren Fronhof (der villa publica) des Ortes Iburinga entwickelt haben. Die wahrscheinlichsten Standorte des Fronhofs könnten der nach dem Hl. Gallus benannte Gallerberg im heutigen Stadtteil Dorf; im Altdorf; oder sogar inmitten der Seesiedlung (im Jahr 1644 wird an der Luziengasse ein Fronhof erwähnt) gewesen sein.
Der ursprüngliche Kern des alemannischen Ortes Iburinga lag wohl nördlich des heutigen Stadtteils Dorf im Bereich der Aufkircher Straße, im Gewann Altdorf und dem benachbarten Breitle. Die Pfarrkirche St. Michael, befand sich in Aufkirch, einige hundert Meter landeinwärts vom Altdorf entfernt. Etwas weiter östlich, an der heutigen Zahnstraße, lag der Bestattungsplatz des Ortes[5]. Mit der Entstehung der Seesiedlung (der heutigen Altstadt) bis zum Jahr 1000, begann der Niedergang des Altdorfes. Erst im 20. Jahrhundert wurden dort wieder Wohngebäude errichtet.
Um 1180 verlieh Kaiser Friederich Barbarossa dem Ort das Marktrecht, 1211 wurde Überlingen das Stadtrecht verliehen. Durch den Tod des Herzogs von Schwaben Konradin IV., dem letzten Staufer, fiel Überlingen 1268 an das Heilige Römische Reich.
Freie Reichsstadt
Ende des 14. Jahrhunderts wurde die Stadt freie Reichsstadt. Das Heiliggeistspital zu Überlingen gelangte an große Besitzungen im Oberen und Unteren Linzgau sowie im Hegau. Ab 1500 lag Überlingen auch im Schwäbischen Reichskreis.
Dreißigjähriger Krieg
Nachdem im Juli 1632 ein Handstreich der verbündeten Schweden und Württemberger unter Generalmajor Patrick Ruthven auf Überlingen gescheitert war, rückte zwei Jahre später das Schwedische Heer unter General Gustaf Horn an:
„Am 23. April 1634 begann die Belagerung der Stadt Überlingen. Mit solcher Wucht ließ General Horn gegen die Stadtmauern anrennen, daß der Donner der Geschütze und der vielen Katapulte gegen die Mauern einem fortgesetzen Erdbeben gleichkam.“ – Pater E. Geiger: Pater Stanislaus Saurbeck: Schruns/Vorarlberg, um 1980, S. 5 f.
„Innerhalb der Stadtmauern befand sich auch P. Stanislaus Saurbeck, Novizenmeister, Klostervorsteher und Sonntagsprediger im Überlinger Münster.“ Die Vertreter der Stadt schlugen die Aufforderung zur Übergabe ab.
In der Überlieferung wird in verschiedenen Quellen die Rolle des Paters hervorgehoben, der schon zu Beginn der Belagerung aktiv war: „Zu solcher kriegerischen Tapferkeit und zu unbezwingbarer Zuversicht wurden die Bewohner der Stadt Überlingen durch die aufmunternden und feurigen Kanzelreden des S. Stanislaus Saurbeck vorbereitet.“ Der Pater nahm den Bürgern der Stadt auch ein Versprechen ab „und sie würden in kürzester Zeit von den Schweden befreit werden.“
„Obgleich der Schwede wie ein Löwe kämpfte und mit dem Donner der Geschütze die belagerten Menschen entnerven wollte, waren alle Anstrengungen der Feinde umsonst. Der Schwede mußte am 16. Mai 1634 den Belagerungsring um die Stadt aufgeben und die Stadt Überlingen verlassen.“ – Historia Prov. anter. AUSTR., S. 216. In: Geiger, S. 14 f.
Neben der Abwehr auf der Landseite besaß Überlingen den Vorteil des direkten Seezugangs und eine kaiserliche Flottille brachte auf dem Wasserweg Truppennachschub und Material in die belagerte Stadt. (siehe Seekrieg auf dem Bodensee 1632–1648).
Die Wirkung des Predigers, der als „glänzender Kanzelredner“ galt, wird auch durch den Umstand plausibel, dass ‚Stadtvertreter‘ zu jener Zeit noch nicht öffentlich auftraten, d. h., die einzige Instanz, die die Bürgerschaft als Ganzes erreichen konnte, war die Kirche – in diesem Fall die Kapuziner mit Saurbeck als „Sonntagsprediger im Überlinger Münster“. Diese engagierte Rolle des Paters wurde von höchster Stelle bestätigt:
„Die Kunde von der Befreiung der Stadt Überlingen verbreitete sich weitum. Die Tat des schlichten Kapuziners war in aller Mund; die meisten Stände, selbst der erlauchte Kaiser Ferdinand II. überhäuften S. Stanislaus Saurbeck mit Lobsprüchen.“ – Historia Prov. anter. AUSTR., S. 216. In: Geiger, S. 15.
„In bedauernswerter Weise erfüllte die Stadt Überlingen die Bedingungen des Gelübdes nicht in ausreichendem Ausmaß“ und das Bemühen von Stanislaus um die Einlösung blieb vergeblich. Schließlich prophezeite er Überlingen künftiges Unheil: „‚Vor den Stadttoren hast du die Franzosen, sie werden dich und deine Kinder, die in dir sind, zu Boden werfen und ausplündern. Törichtes Volk, du willst und willst nicht, aber wisse, im göttlichen Ratschluß ist über dich, du Treulose, bereits die Rache von Seiten der Franzosen verhängt.‘ Diese Voraussage […] ging in Erfüllung: Am 29. Jänner 1643 eroberten die französischen Truppen die Stadt Überlingen, plünderten sie aus und kehrten mit reicher Beute beladen, nach Tuttlingen zurück.“
Der Vicomte von Courval war dann ab März 1643 Statthalter in Überlingen.
„Am 5. April 1644 rückte Feldmarschall Franz von Mercy mit einem 15.000 Mann starken Corps [der kaiserlich-bayrischen Armee] über Waldshut an und begann den Angriff. […] Am 2. Mai 1644 waren die Streichwehren und die Türme der Ringmauer von Mercy eingeschlossen. Courval nahm die angebotene Kapitulation am 10. Mai 1644 an. […] Feldmarschall Mercy ernannte den verdienstvollen Generalquartiermeister von Holz zum Kommandanten von Überlingen und besetzte die Stadt mit dessen eigenem Regiment.“
Nun erst – nach dem Mai 1644 – beschlossen die Überlinger, der Mahnung des Paters Stanislaus zu folgen und das Gelübde tatsächlich einzuhalten und auszuführen.
Badische Zeit
Mit dem Reichsdeputationshauptschluss verlor Überlingen 1803 die Reichsunmittelbarkeit und wurde Teil des Kurfürstentums bzw. späteren Großherzogtums Baden. Überlingen wurde Sitz eines Amts bzw. Bezirksamtes. Ab 1918 wurde Überlingen nach der Abdankung des badischen Großherzogs Teil der Republik Baden.
Im Jahr 1895 erfolgte der Anschluss an das Eisenbahnnetz. Dieser Anschluss wurde 1901 durch die Eröffnung der Strecke Überlingen–Friedrichshafen nach Osten erweitert.
Am 16. November 1911 suchte ein schweres Erdbeben Süddeutschland heim. Der Bodensee kam in Wallung, Kamine knickten ein. Der Überlinger Landungsplatz wurde förmlich aufgerissen. In Lippertsreute stürzte eine Kreuzblume vom Kirchturm, ein Schaden, der bis heute sichtbar ist, denn das Kunstwerk wurde nie ersetzt.
Zeit des Nationalsozialismus
Im Jahr 1939 wurde der Landkreis Überlingen gebildet.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde von Häftlingen des KZ Dachau als eine der Außenstellen das Außenlager Aufkirch bei Überlingen errichtet. Die KZ-Häftlinge arbeiteten dort von Oktober 1944 bis April 1945 an ausgedehnten unterirdischen Anlagen. So auch am Goldbacher Stollen, in den Friedrichshafener Rüstungsbetriebe ausgelagert werden sollten, um sie vor Bombardierungen zu schützen.
Von den mindestens 170 Häftlingen, die beim Bau des Goldbacher Stollens ums Leben kamen, liegen 97 auf dem KZ-Friedhof Birnau in der Nähe der Wallfahrtskirche Birnau begraben. Die Gedenkstätte liegt etwa 200 Meter nordöstlich der Wallfahrtskirche, oberhalb der B 31 und ist ab dem Parkplatz oberhalb der Klosterkirche Birnau und der B 31 zu Fuß zu erreichen. Die Namen der toten KZ-Häftlinge sind, soweit bekannt, im Buch „Der Stollen“ von Oswald Burger zum Gedenken sowie zur Nachforschung durch unbekannte Angehörige aufgeführt.
Die Gedenkstätte am Goldbacher Stollen in der Oberen Bahnhofstraße in der Nähe des Bahnübergangs kann einmal in jedem Monat im Rahmen einer Führung besichtigt werden. Zu sehen sind ein vergitterter Zugang zu den Stollen im steil aufragenden Molassefelsen, Gedenktafeln der Stadt Überlingen und der italienischen Widerstandskämpfer sowie ein Eisenkreuz mit Stacheldraht. Der ursprüngliche Eingang wurde durch die französischen Besatzungstruppen gesprengt.
Aus Überlingen selbst hat es keine Deportationen gegeben. Jedoch wurden zum Gedenken an die Judenverfolgung während der Zeit des Nationalsozialismus im September 2005 vor dem ehemaligen Bezirksamt (heutiges Bauamt in der Bahnhofstraße) drei Stolpersteine verlegt. Sie erinnern an den ehemaligen Landrat Hermann Levinger und dessen Tochter Barbara, die sich kurz vor ihrer Deportation im Dezember 1944 das Leben genommen haben. Ein weiterer Stolperstein wurde im Juli 2008 vor dem ehemaligen spitälischen Krankenhaus (heute Alten- und Pflegeheim St. Ulrich) verlegt; dieser erinnert an Franz Klauser, der wegen „widernatürlicher Unzucht“ (Homosexualität) verhaftet wurde und 1944 im KZ Ladelund, einem Außenlager des KZ Neuengamme, umkam.
Am 22. Februar 1945 um 13:45 Uhr starben 20 Menschen bei dem einzigen Luftangriff auf die Stadt: elf KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter im Stollen, vier Angehörige des militärischen Bautrupps und fünf Anwohner der Oberen Bahnhofstraße. Durch den Luftangriff mit 56 Sprengbomben, davon 7 mit Langzeitzünder, der dem Westbahnhof galt, wurden sechs Wohngebäude total zerstört, zehn schwer, sieben mittelschwer und 38 leicht beschädigt. Der Angriff war Teil der Operation Clarion, einer gemeinsamen Aktion der US-amerikanischen und britischen Luftstreitkräfte. Ziel der US-amerikanischen 320th Bombardment Group mit sieben Mittelstreckenbombern vom Typ B-26 Martin „Marauder“ aus dem lothringischen Épinal war der Überlinger Rangierbahnhof („Marshalling Yard“). Über Jahrzehnte hatte sich die Legende gehalten, der nahe KZ-Stollen habe die Bomber angelockt.
Im Zuge der Vorarbeiten für die Landesgartenschau 2020 lief eine Suche nach eventuellen Blindgängern im Bereich des Geländes zwischen Bahnlinie und Bahnhofstraße (Ehemaliges „Graf“-Gelände). Nachdem der ursprünglich für Ende Juli 2015 geplante Beginn der Suchaktion auf Mitte September verschoben wurde, lief die Suche dann bis Anfang März 2016. Es wurden keine Blindgänger gefunden.
Überlingen im Land Baden-Württemberg
1972 führte die Stadt Überlingen als erste Stadt Deutschlands eine Zweitwohnungssteuer ein („Überlinger Modell“). Erst 1983 stufte das Bundesverfassungsgericht diese Steuer als eine „rechtlich zulässige örtliche Aufwandsteuer“ ein. Sie beträgt derzeit (Stand: 2018) jährlich 20 % der Jahresmiete.
Bis zur Kreisreform zum 1. Januar 1973 war Überlingen Kreisstadt des Landkreises Überlingen, der dann im Bodenseekreis aufging. 1990 überschritt die Einwohnerzahl der Stadt die Grenze von 20.000. Daraufhin stellte die Stadtverwaltung den Antrag auf Erhebung zur Großen Kreisstadt, dem die Landesregierung von Baden-Württemberg mit Wirkung vom 1. Januar 1993 stattgab.
International in die Schlagzeilen geriet die Stadt durch das Flugzeugunglück am 1. Juli 2002: Im Luftraum über dem westlichen Bodenseekreis war eine russische Passagiermaschine mit einem Frachtflugzeug zusammengestoßen. Die Trümmer gingen im Bodensee-Hinterland nördlich der Stadt nieder. Bei dem Unglück starben 71 Menschen, am Boden wurde niemand verletzt. Zum Gedenken an die Opfer wurde bei Brachenreuthe, einem Ortsteil von Überlingen, in dessen Nähe Wrackteile der Passagiermaschine lagen, ein Denkmal errichtet in Form einer zerrissenen Perlenkette.
Im Jahr 2003 wurde die direkt an den See gebaute „Bodensee-Therme“, eine Schwimmbadanlage, eröffnet. Der in unmittelbarer Nähe gelegene Westbahnhof wurde in der Folge umbenannt in „Bahnhof Überlingen Therme“.
2005 wurde die Stadt, unter Mitwirkung der Ortsteile Deisendorf und Lippertsreute, beim Wettbewerb Unsere Stadt blüht auf mit einer Goldmedaille ausgezeichnet.
Im Juni 2010 erhielt Überlingen den Zuschlag für die Landesgartenschau 2020. Bei einem Bürgerentscheid sprachen sich 59,6 % der Wähler für die Ausrichtung dieser Landesgartenschau aus. Die Beteiligung lag bei 51,9 %. Aufgrund der COVID-19-Pandemie wurde die Landesgartenschau auf 2021 verschoben (9. April bis 17. Oktober).
Geschichte der Stadtteile
Andelshofen wurde am 6. Juli 1234 erstmals in einer Urkunde des Klosters Salem erwähnt (Cod.Sal.I, 228). Der Ort war teilweise im Besitz der Überlinger Johanniterkommende (siehe Geschichte des Johanniterordens). 1552 und 1634 brannte der Ort nieder und wurde danach jeweils wieder aufgebaut. Die niedere Gerichtsbarkeit lag bei der Kommende, die hohe Gerichtsbarkeit bei der Grafschaft Heiligenberg und ab 1776 bei der Freien Reichsstadt Überlingen. Im Zuge der Napoleonischen Reform kam Andelshofen 1805 an Baden und bildete zunächst eine eigene Gemeinde innerhalb des Bezirksamts Überlingen. 1927 beschloss der Badische Landtag, die Vereinigung der Gemeinde mit der Stadtgemeinde Überlingen. Die Vereinigung trat am 1. April 1928 in Kraft. Das zu Andelshofen gehörige Hagenweiler kam 1924 zur Gemeinde Lippertsreute, der Weiler Schönbuch 1928 zur Gemeinde Bambergen.
Aufkirch wurde 1242 als Ufkilche erstmals erwähnt. Der Ort war Standort der ursprünglichen Pfarrkirche von Überlingen, St. Michael. Die Kirche mit dem zugehörigen Ort wurde 1311 dem Kloster Engelberg und 1343 dem Deutschen Orden auf der Insel Mainau übertragen. Dieser trat die Kollatur 1557 an Überlingen ab. Danach sank die Kirche zur Filiale herab und der zugehörige Ort blieb nur ein kleiner zu Überlingen gehöriger Weiler.
Bambergen wurde 1268 erstmals erwähnt. Der Ort war wohl im 13./14. Jahrhundert Sitz derer von Regentsweiler, deren Besitz 1352 an das Spital in Überlingen kam. Die Stadt Überlingen übte die Niedergerichtsbarkeit und auch die Landeshoheit über Bambergen und einige kleinere Weiler, darunter auch Reuthemühle, aus. Dazu war der Ort Sitz eines Amtes, zu dem auch umliegende spitalische Ort gehörten. 1803 kam der Ort an Baden und wurde dem Bezirksamt Überlingen zugeordnet.
Bonndorf könnte 800 erstmals als Pondorf erwähnt worden sein, wobei inzwischen vermutet wird, dass es sich bei dieser Erwähnung eher um Bonndorf im Schwarzwald handeln könnte. Im 12. Jahrhundert tauchen Edelfreie von Bonndorf auf, deren Nachfolger die Herren von Hohenfels wurden. 1423 und 1479 wurde der Ort an das Spital Überlingen verkauft. Somit gelangte die Herrschaft an die Stadt Überlingen. 1803 kam der Ort an Baden und wurde eine Gemeinde im Bezirksamt Überlingen.
Deisendorf wurde 972 und 1040 als Besitz der Abtei „Meginradescella“ (Maria Einsiedeln) in der Schweiz als Tyzindorf erstmals erwähnt. Im 13. Jahrhundert bestand ein Ortsadel. Ein Graf Mangold von Rohrdorf übertrug 1202 sein Gut an das Kloster Reichenau zu Lehen auf. Später kaufte das Kloster Salem und 1363 die Dombruderschaft Konstanz Güter am Ort. 1402 gelangte der Ort an das Spital Überlingen. Von 1469 bis 1811 war Deisendorf Poststation der österreichischen, später Thurn-und-Taxis-Postlinie Stockach – Ravensburg und Wien – Paris. 1803 kam Deisendorf an Baden und wurde dem Bezirksamt Überlingen zugeordnet.
Ernatsreute wurde 1213 erwähnt, als ein Conradus de Eradesriuti auftaucht. 1408 kam der Ort an das Spital Überlingen und war Teil des Amtes Bambergen. Die Ortsherrschaft lag somit bei Überlingen, doch hatte auch das Deutschordenshaus Mainau einen Lehnshof. 1803 kam der Ort an Baden und war zunächst Teil der Gemeinde Bambergen. 1924 wurde er der Gemeinde Lippertsreute zugeordnet.
Hagenweiler wurde 1285 als Hagenwiller erstmals erwähnt, als die Herren von Bodman ihren Besitz an den Johanniter-/Malteserorden verkauften. Der Ort gehörte dann zum Amt Andelshofen, die Steuerhoheit lag jedoch bei Überlingen. 1803 wurde Hagenweiler badisch und gehörte zunächst zur Gemeinde Andelshofen. Bei dessen Eingliederung nach Überlingen 1926 wurde Hagenweiler abgetrennt und der Gemeinde Lippertsreute zugeordnet.
Haldenhof (Hohenfels): Um 1148 taucht der Name Hohenfels auf. Sicher bezeugt ist eine kleine Herrscherfamilie von 1191 bis 1408. Deren Burg lag bei einer 1479 als Haldenhof bezeugten Ansiedlung. Damals war die Herrschaft Hohenfels bereits untergegangen. Die Herren von Hohenfels besaßen ursprünglich die Orte Sipplingen, Mahlspüren und die heute zu Überlingen gehörigen Siedlungen Bonndorf und Nesselwangen. Durch Heirat konnte der Besitz auf Ittendorf vergrößert werden. 1408 wurde die Herrschaft aufgeteilt und der Großteil kam 1479 an das Spital Überlingen. Die Burg Hohenfels brannte 1633 und 1644 ab und ist nur noch als Ruine erhalten. Der Haldenhof ist heute nur noch ein Wohnplatz des Stadtteils Bonndorf.
Hödingen wurde 1242 als Hedingen erstmals erwähnt. 1297 verkaufte ein Swigger von Blankenstein den Kehlhof zu Hödingen an den Johanniter-/Malteserorden in Überlingen, später war der Ort im Besitz des Spitals Konstanz, welches die Ortsherrschaft innehatte. In neuerer Zeit hatte Überlingen die Oberhoheit über Hödingen. 1803 kam der Ort an Baden und wurde dem Bezirksamt Überlingen zugeordnet.
Lippertsreute wurde 1159 als Luiprehtisruti erstmals erwähnt. Im 12. Jahrhundert war der Ort im Besitz von St. Stefan in Konstanz, dann von St. Johann in Konstanz. 1217 erwarb das Kloster Salem Güter der Herren von Bodman, die die Ortsherrschaft über Lippertsreute ausübten. 1290 kam der Ort an die Johanniter in Überlingen und 1337 an die Deutschordenskommende Mainau, bei deren Landkomturei Altshausen der Ort bis 1805 verblieb. Dann wurde der Ort badisch und dem Bezirksamt Überlingen zugeordnet. 1924 erfolgte die Eingliederung von Ernatsreute (bisher Gemeinde Bambergen) und 1928 von Hagenweiler (bisher Gemeinde Andelshofen).
Nesselwangen wurde 1094 als Nezzelwanc erstmals erwähnt. Zunächst war der Ort im Besitz des Klosters Allerheiligen in Schaffhausen. Später war er Teil der Herrschaft Hohenfels, von wo er 1479 an das Spital Überlingen kam. 1803 fiel der Ort an Baden und wurde dem Bezirksamt Überlingen zugeordnet.
Nußdorf wurde 1134 als Nuzdorf erstmals erwähnt. Über verschiedene Adelige, darunter Pfalzgraf Rudolf von Tübingen kamen die Besitzungen des Ortes an das Kloster Salem. 1803 wurde der Ort badisch und dem Bezirksamt Überlingen zugeordnet.
Schönbuch wurde im 13. Jahrhundert als Schonbuch erstmals erwähnt. Um 1260 kam die Siedlung derer von Gundelfingen an die Johanniter in Überlingen, die den Besitz im 15. Jahrhundert noch vergrößerten. Der Johanniterkommende stand somit bis 1803 die Niedergerichtsbarkeit zu, die Landeshoheit lag bei Überlingen. 1803 kam der Ort an Baden und wurde Teil der Gemeinde Andelshofen. Bei deren Auflösung 1928 wurde Schönbuch der Gemeinde Bambergen zugeordnet.
Walpertsweiler wurde 1160 als Waltprechtesweiler erstmals erwähnt. Der Ort gehörte dem Kloster Salem. 1415 wurde der Ort an das Spital Überlingen verkauft und gehörte nach dem Übergang an Baden als Wohnplatz zur Gemeinde Bonndorf.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Die Stadt ist Mitglied der Cittaslow, einer 1999 in Italien gegründeten Bewegung zur Entschleunigung und Erhöhung der Lebensqualität in Städten.
Die ARD-Vorabendserie Sternenfänger aus dem Jahr 2002 spielte größtenteils in der Stadt.
2005 beteiligte sich Überlingen, zusammen mit seinen beiden Ortsteilen Deisendorf und Lippertsreute, am bundesweiten Wettbewerb Entente Florale Deutschland („Gemeinsam aufblühen“) und erhielt eine Goldmedaille. Ebenfalls eine Goldmedaille gewann im gleichen Jahr die Bodensee-Therme Überlingen beim internationalen Wettbewerb IOC/IAKS Award, dem weltweit einzigen Architekturpreis für Sport- und Freizeitanlagen. Die 2003 eröffnete Therme verfügt über einen Thermal- und Erlebnisbereich mit Sportbad und Rutschen sowie einen Eltern-Kind-Bereich, einen Wellnessbereich und eine Saunalandschaft.[44] Überlingen liegt an der Schwäbischen Bäderstraße.
Mundart
Überlingen gehört zum alemannischen Sprachraum. Herkömmlich wird Bodenseealemannisch gesprochen.
Überlingen erwarb 1180 das Stadtrecht. Um 1250 wurden Stadtgraben und Wälle durch Mauern ersetzt. Die Mauer wurde abschnittsweise von den verschiedenen Zünften verteidigt. Um 1300 umschloss ein innerer Mauerring den heutigen Altstadtkern auf der Linie Franziskanertor – Rosenobel – St. Johann. Ein äußerer Mauerring wurde 1450 begonnen und 1630 abgeschlossen. Er schützte auch die Fischerhäuser sowie die Vorstadt und das „Dorf“ und verlief auf der Linie Badturm – Aufkircher Tor – Wagsauterturm – Wiestor.
Heute bestehen von ursprünglich 15 Wehrtürmen noch der Gallerturm (um 1500 erbaut), der Wagsauterturm (1958 wiederaufgebaut), der Rosenobel (1657 als Rondell erbaut, zuvor hier der Roßnauerturm) und der um 1520, ebenfalls als Rondell, errichtete, später aufgestockte, St. Johann Turm. Der Galler- und der St. Johann Turm werden heute als Vereinsheime genutzt.
Aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs sind in Überlingen Kanonenkugeln zur Erinnerung an die Belagerungszeit erhalten und als Denkmale ausgestellt: im Münster und an einem Gebäude in der Friedhofstraße.
Durch zu hohe Unterhaltungskosten und den zunehmenden Wagenverkehr mussten im 19. Jahrhundert sechs von sieben Stadttoren des äußeren Rings weichen (aufgezählt nach ihrem Abbruchjahr): Scheerentor (am östlichen Eingang der Friedhofstraße im Dorf, bereits im 18. Jahrhundert abgebrochen), Hell- oder Hölltor (am östlichen Eingang der Münsterstraße, äußeres 1823 abgebrochen, inneres 1837), Wiestor (äußeres 1828, inneres 1843), Grundtor (in der Fischerhäuservorstadt, 1838), Fahrtor (bei den Spitalgebäuden, heute Landungsplatz, 1858), das Obertor ist im Jahr 1880 eingestürzt. Das einzige heute noch bestehende Stadttor des äußeren Rings ist das Aufkircher Tor. Von den drei Toren des inneren Rings (Fiedlistor, Christophstor, Barfüßertor) besteht heute noch das 1494 fertiggestellte Franziskanertor (früher Barfüßertor genannt).
Die Stadtgräben verbessern das Stadtklima. Die frische Luft des Bodensees gelangt über die Stadtgräben in die Straßen der Altstadt.
Museen
Das Reichlin-von-Meldegg-Haus, eines der ältesten Renaissancegebäude Deutschlands, beherbergt heute das Städtische Museum. Das 1871 gegründete, seit 1913 an dieser Stelle untergebrachte Museum zeigt in dem zum Teil noch vollständig möblierten alten Patrizierpalast der Reichlin von Meldegg Kunst- und Alltagsgegenstände, Puppenstuben, Krippen und allgemeines Brauchtum.
An der Seepromenade befindet sich in einem ehemaligen Ballsaal aus dem 19. Jahrhundert die Städtische Galerie, die regelmäßig Sonderausstellungen präsentiert. Die an den Ballsaal grenzenden Kabinetträume der Galerie waren Teil des oben genannten spätmittelalterlichen Patrizierhauses.
Bauwerke
- Wahrzeichen der Stadt ist der größte spätgotische Bau am Bodensee, das Münster St. Nikolaus. Die imposante Kirche schmückt ein monumentaler Holzaltar des Bildhauers und Schnitzers Jörg Zürn aus der Zeit der Spätrenaissance. An einem Pfeiler des Innenraums befindet sich eine Jakobs-Figur mit Wanderstab und Jakobsmuschel. An einem weiteren Pfeiler ist eine Kanonenkugel von 1634 befestigt mit der Aufschrift (Schreibweise wie im Original): „Überlingen wollte bezwingen Der Schwedisch Feldmarschall HOX … Drey Stürm hatt Er verloren, Darnach müste Er weichen, MARIA, diß ist dein Sig Zaichen“
- Die Sylvesterkapelle im Stadtteil Goldbach zählt zu den ältesten Kirchenbauten im Bodenseeraum und enthält Fresken der „Reichenauer Schule“ aus dem 9. Jahrhundert.
- Das Überlinger Rathaus stammt aus der Zeit der Renaissance und hat einen prächtigen Saal, den Holzschnitzfiguren von Jakob Russ zieren. Die Figuren stellen eindrücklich Hierarchien und Stände des Reiches (vom Kurfürsten bis zum Bauern) dar und legen damit Zeugnis ab von den Machtverhältnissen zur Zeit seiner Erstellung (1490–1494).
- Die alte Stadtkanzlei zählt zu den schönsten Renaissancegebäuden im Bodenseeraum. Als Erweiterungsbau des benachbarten Rathauses wurde die Kanzlei um das Jahr 1600 vollendet. 1613 erhielt das repräsentative Gebäude am Münsterplatz ein gefasstes Stadtwappen, das zwar die Jahreszahl 1599 trägt, aber auf die Fertigstellung des äußeren zu beziehen ist. Nachdem es sich von 1822 an in Privatbesitz befunden hatte, erwarb es 1893 die Öffentliche Hand zurück. Seit 1913 befindet sich in der alten Kanzlei das Stadtarchiv.
- Das einstige Handels- und Kornhaus Greth ist seit seiner Sanierung 1998 eines der markantesten Kulturdenkmäler der Stadt. Das zwischen Landungs- und Marktplatz direkt am Seeufer gelegene klassizistische Gebäude lässt sich durch den Erlass der so genannten „Gredordnung“ bereits für das Jahr 1421 urkundlich nachweisen. Bauforscher datieren die tragenden Eichenpfeiler auf die Zeit um 1382. Fundamentreste weisen sogar auf wesentlich ältere Vorgängerbauten hin. Das heutige Erscheinungsbild der Greth geht auf einen 1788 erfolgten Umbau durch Franz Anton Bagnoto zurück und weist Stilelemente der Übergangsperiode vom Barock zum Klassizismus auf. Bereits 1936/37 wurde es nach der badischen Landesbauordnung unter Schutz gestellt.
- Die Franziskanerkirche von 1348 kennzeichnet ihre barocke Ausstattung.
- In der aus dem 15. Jahrhundert stammenden Pilgerkirche St. Jodokus ist auf der Südwand eine Darstellung der Legende von der „Begegnung der drei Lebenden und der drei Toten“ aus der Zeit nach 1424. Drei vornehm gekleidete Fürsten unterschiedlichen Alters treffen unerwartet auf die Gerippe ihrer Väter. In dem Spruchband über den Toten steht: „der ir da sind der waren wier, der wier sind der weret ir“.
- Die Kapelle St. Michael (Aufkirch) außerhalb der Stadt wurde um das Jahr 1000 erbaut und war Überlingens erste Pfarrkirche.
- Das denkmalgeschützte Schloss Rauenstein wurde um das Jahr 1900 durch den Schweizer Privatier und Rittmeister a. D. Otto Ziesig erbaut. Im Jahr 1950 wurde das Schlossareal samt Gebäude durch den damaligen Landkreis Überlingen erworben und ging im Zuge der Kreisreform auf den Bodenseekreis über. Die Räumlichkeiten wurden seitdem für Behörden sowie den Bildungs- und Wirtschaftsbereich genutzt. Die Parkfläche mit rund 2,68 Hektar sind für die Öffentlichkeit frei zugänglich. 2015 hat die Stadt Überlingen das Schloss Rauenstein mit dem Parkareal vom Bodenseekreis käuflich erworben.
- Der Salmansweiler Hof war Pfleghof des Klosters Salem.
- Die Gunzoburg ist ein mittelalterliches Patrizierhaus in dem angeblich im Jahr 641 Herzog Gunzo residiert haben soll. Heute wird die „Burg“ als Galerie genutzt.
- Das Suso-Haus gilt als Geburtshaus des Mystikers Heinrich Seuse (Suso).
- Das Zeughaus an der Seepromenade war seit der Zerstörung des alten Zeughauses im Dreißigjährigen Krieg bis zum Ende der Reichsstadtzeit das Waffenlager der Stadt.
Überlingen hat zudem die längste Uferpromenade am Bodensee sowie ein Thermalbad, die Bodensee-Therme. Weitere Sehenswürdigkeiten sind die Sternwarte Überlingen und der Mantelhafen.
Im Ortsteil Goldbach befindet sich die sogenannte Obere Mühle Goldbach. Sie wurde von der Denkmalstiftung Baden-Württemberg zum „Denkmal des Monats März 2008“ ernannt.
Im Ortsteil Lippertsreute, unterhalb der Steinhöfe im Naturschutzgebiet Aachtobel, liegt der über 500 Jahre alte Wallfahrtsort Maria im Stein.
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